Verantwortung und Stimmrecht gehören zusammen
Die SVP des Kantons Bern lehnt eine Einführung des Stimmrechtsalters 16 ab. Junge Menschen erlangen mit 18 Jahren ihre Mündigkeit und somit ihre Selbstverantwortung, und darauf abgestimmt auch die Altersgrenze für das Erlangen der vollen politischen Rechte. Mit guten Grund – wie sich gerade in der Corona-Krise zeigte.
In der Corona-Krise wird immer wieder darauf hingewiesen, dass gerade Jugendliche unter der Situation leiden. Wäre in der gegenwärtigen Situation über die Lockdown-Massnahmen abgestimmt worden, hätten wohl viele dieser Jugendlichen aus dem eigenen Leidensdruck heraus für eine Aufhebung aller Massnahmen gestimmt. In eine ähnliche Richtung zeigen auch die Analysen vom Abstimmungssonntag, wenn von Fachleuten festgestellt werden musste, dass diejenigen, welche ausbildungsbedingt noch kaum Steuern zahlen, die Finanzperspektive nicht im Fokus hätten beim Abstimmen und Wählen. Die direkte Demokratie in der Schweiz ermöglicht umfassende Mitbestimmungsmöglichkeiten bis hin zur Verfassungsänderung. Dies setzt aber voraus, dass die Stimmenden die Vorlagen nach bestem Wissen und Gewissen zu beurteilen und die Folgen vollumfänglich zu tragen befähigt und in der Lage sind. So wie das Beurteilen der Vorlage mit der Urteilsfähigkeit verknüpft ist, ist das Tragen der vollen Verantwortung mit der Mündigkeit verknüpft.
Im Übrigen sind unterschiedliche Altersgrenzen für das aktive und das passive Stimm- und Wahlrecht in kantonalen Vorlagen und zusätzlich unterschiedliche Altersgrenzen für das aktive Stimmrecht bei kantonalen und Bundesvorlagen unklar und daher wenig praktikabel. Die verschiedenen Rechte gehören zusammen: Wer sich zu politischen Fragen äussert und wählt, sollte auch fähig sein, ein politisches Amt auszuüben. Ganz zu schweigen vom zusätzlichen administrativen Aufwand und den damit verbundenen höheren Verwaltungskosten. Es muss ja davon ausgegangen werden, dass künftig für alle Stimmberechtigten die eidg. und kantonalen bzw. kommunalen Wahlen separate Stimmausweise und Kuverts auszustellen sind, um das Stimmgeheimnis und die Korrektheit der Stimmabgabe sicherzustellen.
In der Schweiz hat erst der kleine Landsgemeinde-Kanton Glarus das Stimmrechtsalter 16 für kantonale Wahlen und Abstimmungen eingeführt und bleibt damit der einzige Kanton; am 9. Februar 2020 hat das Neuenburger Volk eine entsprechende Verfassungsinitiative entgegen der Empfehlung von Regierung und Parlament abgelehnt. Es besteht also auch kein Druck im Sinne einer allgemeinen Entwicklung in Richtung Senkung des Stimmrechts- oder des Mündigkeitsalters. Für junge Menschen besteht jederzeit zudem die Möglichkeit, sich bei den Jungparteien und in den Jugendparlamenten früh zu engagieren und sich in diesem Rahmen einzubringen. Dies deckt das Bedürfnis zur Mitbestimmung im richtigen Rahmen ab. Die Idee ist aus all diesen Gründen nicht weiter zu verfolgen.