Vernehmlassung

Änderung des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG)

Die Digitalisierung ist eine Realität und, richtig umgesetzt, auch eine grosse Chance. Sie macht auch vor der Verwaltung und Justiz nicht Halt. Etliche Schritte sind bereits umgesetzt: Digitale Verwaltung, elektronisches Baubewilligungsverfahren, e-Anzeiger.

Die SVP unterstützt deshalb im Grundsatz die Vorlage. Richtig ist die Stossrichtung, die Revision im VRPG und nicht in allerlei Spezialerlassen umzusetzen. Das Obligatorium zum elektronischen Rechtsverkehr ist zudem auf gewisse Personen bzw. Institutionen beschränkt und umfasst insbesondere Behörden, Anwälte und Notare. Für Personen ohne Übung im Gebrauch des Internets wird es dagegen – zu Recht – kein Obligatorium für den elektronischen Rechtsverkehr mit Behörden geben und keine Verpflichtung zur Registrierung im elektronischen Übermittlungssystem. Verfügungen werden entsprechend auch nur dann elektronisch zugestellt, wenn der Empfänger im elektronischen Übermittlungssystem registriert ist. Auch enthält die Vorlage richtigerweise keine Pflicht an die Behörden für eine elektronische Aktenführung.

 

Bei der Umsetzung der Vorlage sind aber folgende Punkte zu berücksichtigen

 

Parallelität mit Justitia 4.0

Auch auf Bundesebene ist eine Revision im Gang, welche u.a. für Anwälte eine Verpflichtung zum elektronischen Rechtsverkehr vorsieht. Die Vorlage betrifft das Bundesgericht sowie die Zivil- und Strafjustiz im Allgemeinen. Aus Sicht der SVP ist eine Abstimmung des Kantons Bern mit der Vorlage auf Bundesebene zwingend. Es wäre kaum erklärbar, wenn der Kanton Bern ein Obligatorium für den elektronischen Rechtsverkehr einführt, während ein solches im Bund nicht oder noch nicht besteht. So bestünde dann beispielsweise für einen Anwalt eine Verpflichtung zur elektronischen Eingabe vor Verwaltungsgericht, nicht aber beim Weiterzug desselben Falles vor Bundesgericht. Damit entstünden Medienbrüche, welche gemäss Vortrag aber gerade vermieden werden sollen. Die Vorlage hat deshalb sicherzustellen, dass die Revision des VRPG nicht in Kraft tritt, solange die Bundesregelung nicht in Kraft getreten ist. Zudem müssten die Übermittlungssysteme für den elektronischen Rechtsverkehr auf Ebene des Kantons und des Bundes ohne jede Friktion synchronisiert miteinander funktionieren. Doppelspurigkeiten sind möglichst zu vermeiden.

Art. 42a

Die Bestimmung regelt die Fristverlängerung in Fällen, in denen das Übermittlungssystem nicht erreichbar ist. Eine Nichterreichbarkeit führt damit in jedem Fall zu einer Fristverlängerung (ob am Anfang oder Ende eines konkreten Fristenlaufs). Aus Gründen der Rechtssicherheit darf über das Bestehen und die Dauer des Unterbruchs nicht der geringste Zweifel bestehen. In etlichen Fällen dürfte die Nichterreichbarkeit in allgemeiner und schneller Weise erkennbar sein. Wir schlagen deshalb vor, die Nichterreichbarkeit des Portals im Sinn einer offiziellen Fehlermeldung auf dem Portal zu publizieren. Der Grund und die Dauer der Verlängerung ist in diesen Fällen sozusagen offizialisiert. Art. 42a Abs. 2 Bst. c E-VPRG wäre in diesem Sinn anzupassen. Selbstredend muss es auch möglich sein, nebst einer sozusagen offiziellen Fehlermeldung individuell die fehlende Erreichbarkeit glaubhaft zu machen.

Aus unserer Sicht ist es zudem heikel, den Benutzer für die Glaubhaftmachung in E-Art. 42a Abs. 2 Bst. c VRPG in die Pflicht zu nehmen. Bei anwaltlicher Vertretung einer Partei ist Benutzer des Systems der Anwalt und damit nicht die Partei. Muss der Benutzer die fehlende Erreichbarkeit glaubhaft machen, würde damit in demselben Verfahren plötzlich der Anwalt selbst zur Partei. Es ergeben sich hieraus verschieden prozessrechtliche Fragestellungen (u.a. Verhältnis dieser Parteistellung zur Hauptsache, Kostenfolgen usw., Problem von Interessenkollisionen bei fehlender Glaubhaftmachung). Wir schlagen vor, dass nicht der Benutzer, sondern der jeweilige Verfahrensbeteiligte für die Glaubhaftmachung verantwortlich ist. Bei anwaltlicher Mandatierung ist durch das Auftragsverhältnis die Glaubhaftmachung dann ohnehin auch dem Anwalt mitübertragen.

 

Art. 44-Art. 44e

Die Regelung über die Zustellung von Verfügungen und dgl. hat in der Praxis höchste Bedeutung. Die heutige Regelung ist klar und relativ übersichtlich in einem Artikel verankert. Nun sind für die gleiche Regelungsmaterie nicht weniger als sechs Artikel vorgesehen. Wir verkennen nicht, dass mit der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs zusätzlicher Regelungsbedarf entsteht. Wir ersuchen dennoch darum, eine auch für Nichtjuristen verständlichere Regelung dieser zentralen Materie zu prüfen.

 

Auswirkungen auf die Gemeinden

Die Vorlage sieht ein Obligatorium für den elektronischen Rechtsverkehr auch für Gemeinden vor. Die Gemeinden haben damit Parallelstrukturen zu gewährleisten für die Korrespondenz mit Anwälten und Notaren (und anderen dem Obligatorium unterstellten Personen bzw. Institutionen) einerseits und mit Privatpersonen oder Organisationen ohne Obligatorium andererseits. Anders als bspw. im elektronischen Baubewilligungsverfahren kann auch nicht ohne weiteres gesagt werden, dass die elektronischen Dossiers zwingend von den interessierten Privaten (Baugesuchsteller) vorbereitet worden sind. Gerade für ländliche und kleinere Gemeinden wird die Verpflichtung zum elektronischen Rechtsverkehr zusätzliche Ressourcen binden. Wir schlagen vor, eine Regelung einzuführen, mit welcher die Gemeinden für ihre Zusatzaufwendungen angemessen abgegolten werden. Dies umso mehr, als dass auch das notwendige elektronische System «state of the art» sein muss, um den Datenschutz zu gewährleisten.

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