Vernehmlassung

Gesetz über den Fonds zur Finanzierung von strategischen Investitionsvorhaben (FFsIG)

Die SVP Kanton Bern steht dem geplanten FFsIG kritisch gegenüber. Zusammengefasst sprechen nach unserer Auffassung folgende Gründe gegen die geplante Fonds-Lösung:

  • Widerspruch zu den Grundsätzen öffentlicher Rechnungslegung:

Ein neuer Investitionsfonds widerspricht der Entwicklung in der Rechnungslegung der öffentlichen Hand, die mehr Transparenz mit offenem Erfolgsausweis anstrebt. Zudem haben die bisherigen Erfahrungen mit Fonds gezeigt, dass das Nebeneinander von fonds- und steuerfinanzierten Investitionen die Transparenz im Finanzhaushalb erheblich erschweren kann (z.B. in Bezug auf die unterschiedlichen Abschreibungsdauern für die gleichartigen Investitionsgüter). Generell gilt die separate „Kässeli“-Politik – auch wenn sie mittels eigenen Rechtsgrundlagen legitimiert werden – im öffentlichen Haushalt als verpönt.

  • Umgehung der verfassungsmässigen Schuldenbremse:

Mit einem neuen Investitionsfonds besteht aus unserer Sicht die Gefahr einer Umgehung der verfassungsmässigen Schuldenbremse. Sinn und Zweck der Schuldenbremse der Investitionsrechnung ist, dass sich der Kanton Bern nicht über Gebühr verschuldet. Mit einem Fonds wird bekanntlich kein Franken mehr in der Staatskasse sein, sondern es handelt sich einzig um eine andere finanztechnische Abwicklung dieser Investitionen bzw. deren Abschreibungen. Im Zusammenspiel mit der kantonalbernischen Berechnungsweise des Finanzierungssaldos kann zwar ein verfassungskonformes Resultat ausgewiesen werden, in Tat und Wahrheit führen diese vielen Investitionen aber trotzdem zu einer Fremdmittelzunahme – also zu einer Schuldenzunahme trotz Schuldenbremse. Deshalb sehen wir zumindest politisch darin die Gefahr einer Umgehung dieser Verfassungsbestimmungen; man kann auch von einer „Auswegfinanzierung“ sprechen. Zudem bleibt darauf hinzuweisen, dass diese Schuldenbremse sistiert würde, sobald der Kanton Bern eine Schuldenquote von unter 12 Prozent ausweist.

  • Nicht vergleichbar mit „Bundesfonds“:

Die beiden Fonds des Bundes Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) und Bahninfrastrukturfonds (BIF) werden je durch zweckgebundene Einnahmen (z.B. Mineralölsteuer, Autobahnvignette oder befristete Mehrwertsteuerpromille, etc.) alimentiert, und nicht aus Mitteln des allgemeinen Haushaltes oder aus Restbeständen anderer Fonds.

  • Fremdmittelbedarf steigt so oder so:

Ob mit oder ohne Investitionsfonds, der Fremdmittelbedarf und damit die Verschuldung im Kanton Bern würde bei den prognostizierten Investitionsvolumen steigen. Die Fondsbildung bzw. die -entnahme hat auf den Geldfluss keinen Einfluss, weil keine neuen Finanzierungsquellen erschlossen werden. Durch die kantonalbernisch eigene Berechnungsweise der Selbstfinanzierung werden die Entnahmen aus dem Fonds einem geldwerten Eingang gleichgesetzt, was sich positiv auf die Berechnung auf den Finanzierungssaldo auswirkt. Nach den anerkannten Berechnungsweisen gemäss HRM2 müssten die Entnahmen aus Fonds vom massgebenden Finanzierungssaldo in Abzug gebracht werden, um dem effektiven Geldfluss zu entsprechen.

Auch wenn uns die Problematik der kommenden Investitionsspitzen durchaus bewusst ist, haben wir aufgrund der vorstehenden Ausführungen erhebliche Bedenken gegen den geplanten Fonds.

Im Vortrag wird auf Seite 10 ausgeführt, dass die Konsequenz aus einem Verzicht auf die Schaffung eines Fonds u.a. der Verzicht auf die geplanten steuerlichen Entlastungen im Rahmen der nächsten Steuergesetzrevision wäre. Für die SVP sind steuerliche Entlastungen von juristischen und natürlichen Personen jedoch im Lichte der Positionierung des Kantons Bern im interkantonalen Vergleich sowie gerade auch aufgrund verschiedener Verlautbarungen aus der Wirtschaft im Nachgang zur abgelehnten Senkung der Unternehmenssteuern zentral. Sollte es dem Regierungsrat gelingen, die Schaffung einer Fondslösung mit einer glaubwürdigen Verminderung der Steuerbelastung für juristische und natürliche Personen zu verbinden, so wären damit für die Zukunft auch aus Sicht der SVP Chancen verbunden. Diesfalls wären wir bereit, unsere kritische Haltung zu einer isolierten Fondslösung zu überdenken.

Als weitere Möglichkeit sehen wir eine Modifikation der bestehenden Schuldenbremsen, ohne deren Sinn und Zweck in Frage zu stellen. Insbesondere bei der Schuldenbremse für die Investitionsrechnung wäre eine Abkehr vom Jährlichkeitsprinzip zu prüfen. So könnten beispielsweise positive Finanzierungssaldi von vergangenen Jahren in eine längere Betrachtungsperiode als nur ein Jahr einfliessen bzw. angerechnet werden (Mehrjahresbetrachtung). Dafür wäre eine breite politische Diskussion sowie eine Verfassungsänderung notwendig. Die damit verbundene Volksabstimmung würde es der Bevölkerung ermöglichen, indirekt auch zu der vom Regierungsrat geplanten Investitionsoffensive Stellung zu nehmen. Eine solche Meinungsäusserung des Souveräns erscheint uns angesichts der langfristigen finanziellen Auswirkungen der geplanten Investitionen nicht abwegig.

 

Zusammenfassend halten wir fest, dass die Fondslösung in der vorgeschlagenen Form für uns nicht in Frage kommt. Sollte es aber möglich sein, eine der oben skizzierten Alternativen zu realisieren, würden wir unsere kritische Haltung überdenken.

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