Versorgungsplanung 2016 gemäss Spitalversorgungsgesetz (SpVG)
Grundsätzliches
Die SVP Kanton Bern muss feststellen, dass das Papier erneut spät kommt. Als zentrales Planungsinstrument, welches insbesondere die zu erwartenden Kosten ausweist und entsprechende Handlungsfelder definiert, sollte es nicht erst in dem Jahr erscheinen, ab welchem es Gültigkeit haben soll.
Die Hospitalisationsrate im Kanton Bern liegt 5% über dem schweizerischen Mittel. 96% der Spitalaustritte von Bernern erfolgt aus Berner Spitälern, dies ist eine hohe Rate trotz Spitalwahlfreiheit, d.h. die Berner Bevölkerung nutzt die Berner Spitäler. Dies zeigt auch den Vorzug der Nachbarkantone bei ausserkantonalen Behandlungen. Immerhin ist die Zuwanderung zu Berner Spitälern hingegen gestiegen. Dies weist darauf hin, dass die Zielsetzungen des Bundes in Bezug auf die Spitallandschaft noch nicht erreicht sind. Nach wie vor orientieren sich die Patienten vor allem an ihren Ärzten und dem Ruf eines Spitals sowie der geographischen Nähe. Die Eigenversorgungsquote zeigt dies eindrücklich.
Die SVP Kanton Bern steht nach wie vor zu einer Gesundheitsversorgung, welche den Spitälern grossen Handlungsspielraum zugesteht, allerdings bei optimaler Qualitätssicherung und unter Berücksichtigung regionaler gesamtwirtschaftlicher Interessen. Jegliche planwirtschaftliche Tendenzen sind abzulehnen. Hingegen sind Versorgungsschwerpunkte in den Randregionen auch unter politischen Gesichtspunkten zu beurteilen und mit neuen Lösungen zu berücksichtigen. Die Entwicklung von Technik und Medizin machen auch neue Modelle möglich. Eine besondere Bedeutung kommt dem ganzen Rettungswesen zu, welches sich immer weiter entwickelt.
Fragen zu den Versorgungszielen
Dass die übergeordnete Zielsetzung der ausreichenden und wirtschaftlich tragbaren medizinischen und pflegerischen Versorgung der Bevölkerung weiterhin gilt, ist selbstverständlich. Für die SVP Kanton Bern ist es von zentraler Bedeutung, dass die Bedürfnisse der Bevölkerung in den Randregionen berücksichtigt werden. Grundsätzlich ist zu begrüssen, dass die konkreten Versorgungsziele umformuliert und ergänzt wurden mit dem Ziel, sie konsequenter auf die Gesetzgebung auszurichten. In einzelnen Bereichen stellen sich für die SVP Kanton Bern jedoch Fragen:
- Widerspricht die Förderung wohnortnaher Versorgungsleistungen in der Psychiatrie nicht den Sparbemühungen des Kantons und stellt eine umgekehrte Entwicklung im Vergleich zur Akutsomatik dar?
- Wie genau soll die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Rettungsdiensten und die gezielte Optimierung der Einsatzstandorte sichergestellt werden?
- Kann die kantonale Qualitätssicherung garantieren, dass die grösseren Verbände nicht zu einer höheren Fehler- und Vertuschungsquote führen?
- Sollte das Angebot „Bewegungsapparat chirurgisch“ nicht eher der regionalen (statt der überregionalen) Versorgungsstufe zugeordnet werden? Der weitläufige Kanton Bern und insbesondere auch das Berner Oberland kann hier nicht mit anderen Kantonen verglichen werden. Der Bereich „Bewegungsapparat chirurgisch“ sollte in jedem Versorgungsraum angeboten werden.
Anmerkungen zur Spitalplanung
Wirtschaftlichkeit
Es ist fraglich, ob die Einteilung in Universitätsspitäler, Allgemeinspitäler, Spezialkliniken, Kinderkliniken und Geburtshäuser unter DRG-Bedingungen noch praktikabel ist. Nachvollziehbar ist allenfalls die Berücksichtigung der Mehraufwendungen des Inselspitals als Endversorger, dessen Kosten über das DRG-System noch nicht korrekt abgebildet werden, weil entsprechende Zusatzentgelte noch fehlen.
Qualität
Um im interkantonalen Standortwettbewerb bestehen zu können, muss das Flaggschiff des Kantons, das Universitätsspital, gestärkt werden. Vor diesem Hintergrund bereitet der SVP Kanton Bern die immer wieder laut werdende Kritik zu einzelnen Abläufen Sorge. Die Kritik ist ernst zu nehmen. Zudem ist im Auge zu behalten, dass nicht wegen des Zusammenschlusses Mittel von der Insel in die Spitalnetz Bern AG (oder in die Nachfolgeorganisation) abfliessen. Hier wäre es angezeigt, ein weiteres Handlungsfeld zu definieren.
Koordination mit anderen Kantonen
Zur Spitalplanung gehört das Augenmerk auf die Pläne in den Nachbarkantonen, wie die Beispiele in Graubünden bzw. Zürich zeigen. Die Verzettelung der Herzchirurgie mit dem Standort Fribourg läuft der heutigen Gesundheitspolitik, wie sie vom Bund angedacht ist, entgegen und der Kanton Bern tut gut daran, darauf ein Auge zu haben und nötigenfalls zu intervenieren.
Planungsverfahren
Es ist sicherzustellen, dass private Leistungserbringer angemessen in die Überlegungen einbezogen werden, um optimale und effiziente Strukturen sicherzustellen. Die Frage muss jeweils lauten, welcher Auftrag ist sinnvoll und welcher Leistungserbringer steht im Vordergrund.
Anmerkungen zu Handlungsfeldern 2016-2020
Versorgung älterer Personen
Aufgrund der demographischen Entwicklung und der längeren Selbstständigkeit im Alter immer wichtiger werden dürfte die Frage der Übergangspflege zwischen einem Spitalaufenthalt und dem Eintritt in ein Alters- bzw. Pflegeheim. Dem ist besonderes Augenmerk zu schenken.
Palliative Versorgung
Der palliativen Versorgung kommt eine wachsende Bedeutung zu. Dieser ist unter Einbezug der privaten Anbieter Rechnung zu tragen.
Geburtshilfliche Versorgung
Die SVP Kanton Bern bezweifelt, dass der künftige Versorgungsbedarf mit der demographischen Entwicklung in einem messbaren Zusammenhang steht. Ob schwindende Versorgungsstrukturen mit alternativen Modellen kompensiert werden können, wie dies im Bericht angemerkt wird, hängt nicht zuletzt davon ab, wie die Vorgaben des Kantons ausgestaltet sind. Es sind letzten Endes die Anforderungen an die geburtshilfliche Versorgung, die ein Faktor für die Schliessung von Abteilungen waren. Warum braucht es in jedem Fall neben der Geburtshilfeabteilung eine Notfallstation Level 4, wenn der Kanton nun auch alternative Modelle prüfen will, welche über gar keine Notfallstation verfügen. Den Bedürfnissen in den Randgebieten ist aus Sicht der SVP Kanton Bern mit pragmatischen Ansätzen Rechnung zu tragen.
eHealth
Die SVP begrüsst die Bemühungen in diesem Bereich, allerdings dürften kaum genügend Mittel vorhanden sein, um dies stark voranzutreiben. Zudem darf die Einführung von eHealth nicht zu einer Zusatzbelastung der Grundversorger (Hausärzte) führen.
Mindestfallzahlen
Die SVP Kanton Bern hat Verständnis für die Mindestfallzahlen. Allerdings ist zu bedenken, dass die Anzahl Fälle pro Spital keine umfassende Messgrösse ist, denn sie sagt nichts aus über die Anzahl Fälle pro Arzt und damit über dessen Erfahrung. Unter Umständen hat ein Arzt in einem kleinen Spital, der viele Fälle bearbeitet, mehr Erfahrung als ein Arzt unter vielen in einem Grossspital, der selten operieren kann. Massgebend sollte also die Zahl der Fälle pro Arzt und nicht pro Spital sein. Zudem ist in diesem Bereich auch gesunder Menschenverstand walten zu lassen.
Kantonale Qualitätssicherung
Wir begrüssen die Bestrebungen des Kantons in diesem Bereich. Anstelle neuer Instrumente wäre es allerdings angezeigt, in einem ersten Schritt aufgrund der bestehenden Daten konsequent Auswertungen vorzunehmen, um die Qualitätssicherung möglichst unbürokratisch und effizient auszugestalten.
Rettungsdienste
Mit zunehmender Zentralisierung der Spitalstrukturen kommt dem Rettungswesen eine immer grössere Bedeutung zu. Wir unterstützen deshalb die angestrebte Hilfsfristenregelung 90/15 ausdrücklich. Dabei sind Optimierungen möglich und zwingend (Ausrückzeiten). Wichtig ist aber auch die Standortfrage. Der kürzliche Entscheid, die Rettungsdienste im Oberland Ost in Interlaken zu konzentrieren und dadurch lange Anfahrtswege in die Täler zu verursachen, ist unverständlich.
Zum Monitoring und der Aufsicht der Leistungsaufträge durch den Kanton
Die SVP Kanton Bern begrüsst grundsätzlich die transparente Information durch die Publikation entsprechender Zahlen. Allerdings ist dabei darauf zu achten, dass dies mit geringem Aufwand und einer klaren Nutzungsorientierung erfolgt.